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  • Portraits

Irre Portraits - ganz persönlich

Unsere Referent:innen aus eigener Erfahrung stellen sich auf dieser Seite persönlich vor.


Hildegard Wohlgemuth, Künstlerin (* 1933 in Pillkallen; † November 2003 in Hamburg)

Hildegard Wohlgemuth, in Hamburg bekannt als "Bettelkönigin" (bat stets nur um Geld für Zeichenmaterial), war unsere wichtigste Referentin für die Unterstufe im Schulbereich. Sie verstarb im November 2003 im Alter von 70 Jahren. Wir halten die Erinnerung an sie aufrecht und berichten von ihr mit Filmen und Büchern, vor allem mit Hilfe ihrer eigenen Bilder. Hildegard Wohlgemuth war Kriegskind, sie wurde auf der Flucht von ihrer Familie getrennt. Bei einem Bombenangriff auf das Kinderheim überlebte sie als einzige von allen Kindern, die sich während eines Angriffs im Luftschutzkeller befanden. Seitdem hörte sie Stimmen. Ihr Irrweg führte durch Heime und Kliniken, doch die Stimmen blieben. Sie begann zu malen, wunderschöne farbige Bilder mit vielen Symbolen. Die Stimmen wurden jetzt erkennbar, als die Kinder von damals. Hildegard Wohlgemuth wurde Mutter, übernahm Verantwortung für sich, ihr Kind und später die Enkel. Die Schulkinder liebten sie. Ein Heft über das Leben mit Bildern von Hildegard Wohlgemuth ist über "Irremenschlich Hamburg e.V." zu beziehen.


Gerd Kemme, Kompanieführer a. D. (* 26. Juli 1948; † 26. Dezember 2014)

"Ich lebte in geordneten Verhältnissen, hatte Familie, war Kompnieführer der Bundeswehr. Die Psychose hat mein Leben sehr verändert. Ich lebe jetzt überwiegend auf der Strasse, habe Depots rund um Hamburg, habe keinen festen Wohnsitz mehr, dafür aber eine Home-adress. Ich habe viel verloren, aber auch manches gewonnen, nehme vieles intensiver wahr. Schon öfter war ich als Referent in verschiedenen Schulen, in 6. oder 7. Klassen oder auch in der Oberstufe. Dann erzähle ich von meiner Art zu leben". Herr Kemme hat auch an einem Jugendbuch mitgewirkt, das seine Geschichte erzählt: "Pias lebt gefährlich".


Dorothea Buck, Bildhauerin, Autorin (* 5. April 1917 in Naumburg a. d. Saale; † 9. Oktober 2019 in Hamburg)

"In der Nazizeit habe ich drei schizophrene Schübe erlebt, habe schreckliche, völlig sprachlose Psychiatrie kennen gelernt. Ich wurde zwangssterilisiert, durfte meinen Wunschberuf nicht erlernen und konnte keine Familie gründen. Ich wurde Bildhauerin, habe gelernt, meinen inneren Impulsen zu trauen und mich durch meine Lebensweise selbst geheilt. Ich habe viel geschrieben, bin gereist und habe viele Vorträge gehalten, um die Psychiatrie zu verändern. Auch heute noch muß ich lernen, den ganzen Menschen zu sehen, ihm respektvoll zu begegnen und seine Besonderheiten zu beachten. Für meine Arbeit erhielt ich 1996 das Bundesverdienstkreuz. Meine Biografie heißt: Auf der Spur des Morgensterns".


Samuel Enslin, Schauspieler

"Ich war gerade vom Dorf in die Stadt gezogen, mein Bafög war abgelehnt worden, eine schmerzhafte Trennung lag hinter mir. Als ich dann anfing, mit Pilzen zu experimentieren, wurde ich psychotisch. Meine besten Freunde verdächtigte ich, Böses gegen mich zu planen. Ich verlor die Orientierung. Inzwischen bin ich wieder gut drauf, habe viel über mich gelernt und auch die langjährige Depression meiner Mutter verarbeitet. Bei einem meiner ersten Auftritte in der Schule habe ich meine WG kennen gelernt. Inzwischen bin ich neu verliebt und habe einen Studienplatz als Schauspieler. Einer meiner Lieblingsfilme zu unserem Thema ist: Das weiße Rauschen".

„Es ist normal, verschieden zu sein!“
Richard von Weizsäcker