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Hilfesystem
Hilfen für psychisch erkrankte Menschen
"Mensch-Bleiben" – auch in seelischer Not!
Doppel-Dialoge mit Expert:innen aus persönlicher und beruflicher Erfahrung zu Beispielen guter Behandlung im Dialog: Warum nicht überall so?
Da unser Hilfesystem in Hamburg, wie auch in ganz Deutschland, in vieler Hinsicht unzureichend und unübersichtlich ist, hat akteull die Hamburger Sozialbehörde neben den Mitarbeitenden der jeweiligen Einrichtungen auch Krisenerfahrene und Angehörige dazu aufgerufen, sich an einer Umstrukturierung zu beteiligen (https://www.hamburg.de/fachkongress-psychiatrieplan). Dieses trialogische Vorgehen ist neu und ernst germeint. Dafür gebührt den Verantwortlichen in der Sozialbehörde Respekt.
Es fehlt vorallem an niedrigschwelligen und kontinuierlichen Hilfen – insbesondere für die Menschen, die sich in ihrer seelischen Not zurückziehen, in einer eigenen inneren Welt leben, sich nicht wie brave Kunden verhalten und oft – wenn überhaupt – nur noch von ihren Familienangehörigen erreicht werden. Hier müssen Psychiatrie, Psychotherapie und das psychosoziale Hilfesystem mobiler und flexibler werden – inhaltlich und organisatorisch.
Im Folgenden werden einige vorbildliche Angebote dargestellt, vor allem solche, die allen Beteiligten am ehesten erlauben, sich nicht in starren Rollen, sondern als Menschen zu begegnen: Welche ambulanten und stationären Angebote bieten die besten Chancen, möglichst wenig zu kränken und zu schaden? Welche orientieren sich an Ressourcen und Lebenszusammenhängen? Wo und wie bleibt die Kontinuität zwischen gesund und krank prägend auch für die Beziehungs-kultur? Wie gelingt es besonders stabile Brücken zu bauen zwischen Selbst- und Fremdhilfe? Der Blick richtet sich auf stationäre, ambulante und aufsuchende Hilfen, auf die Notwendigkeit verbindlicher Zusammenarbeit und die besondere Herausforderung, Zwang zu vermeiden. Welche Angebote und Strukturen sind auch für die Helfenden attraktiv und wirken dem Fachkräftemangel entgegen? Welche Maßnahmen sollten im Zentrum jeder Reform stehen – aus der Sicht professioneller und persönlicher Erfahrung?
Das Milieu wird von einer gemeinsamen Alltagsgestaltung geprägt und soll möglichst wenig klinisch sein. Auch in einer akuten Krise soll eine kontinuierliche therapeutische Beziehung Halt geben und den Bedarf an neuroleptischer Medikation aus guten Gründen reduzieren helfen. "Being with“, „Open dialogue" - was heißt das auf deutsch? Welchen Stellenwert und Nutzen haben Angehörige, welche Bedeutung hat Genesungsbegleitung? Warum profitieren besonders Psychose-Erfahrene? Was davon geht überall? Wie gelingt der Übergang ins ambulante Setting?
Die wissenschaftlichen Empfehlungen sind ebenso eindeutig wie die Prioritäten von Betroffenen und Angehörigen. Trotzdem ist Psychosen-Psychotherapie längst nicht selbstverständlich. Was kann und muss ambulante Psychosenpsychotherapie bieten? Welchen Sinn macht Methodenvielfalt? Welche Flexibilität und ergänzende Komplexbehandlung können nötig sein? Welche Bedeutung haben Angehörige? Wie kann es gelingen, dass vor allem auch Klinikambulanzen diese Herausforderung annehmen? Wie können die Ausbildungsinstitutionen verpflichtet werden, auch Psychosen-Psychotherapie zu vermitteln. Ich spreche mit Roswitha Hurtz, Leiterin der Psychosen-Psychotherapie-Ambulanz am Isar-Amper-Klinikum München und Ina Pirk, Psychotherapeutin in Ausbildung an der Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Akutbehandlung muss nicht stationär erfolgen. Für viele ist die Situation einer klassischen Station sogar überfordernd und falsch. Mit der "stationsäquivalenten Akutbehandlung" zuhause wurde eine Alternative rechtlich möglich, aber längst nicht überall umgesetzt. Genesungsbegleitung kann zusätzlich helfen, das Stigmarisiko zu reduzieren. Die positiven Erfahrungen schildern. Michaela Frommhagen, Pflegeleitung / Christina Meyn, Genesungsbegleitung, beide Station E64, Psychiatrische Klinik Lüneburg.
Seit der Psychiatrieenquete vor fast 50 Jahren wird eine enge verbindliche Zusammenarbeit aller an der Versorgung psychisch erkrankter Menschen gefordert, vor allem um der Benachteiligung von Menschen mit komplexem Bedarf entgegenzuwirken. Kliniken haben meist feste Einzugsbereiche, viele andere Anbieter der psychosozialen Versorgung aber nicht. Vielerorts dominieren privat- und marktwirtschaftliche Interessen. Fehlanreize und mangelnde Steuerung vergeuden Ressourcen. Angesichts des Fachkräftemangels wird verbindliche Kooperation alternativlos. Warum geht das nicht überall? Ich spreche mit Matthias Rosemann, Vorstandsmitglied Bundesarbeitsemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde und Aktion Psychisch Kranke und Bettina Lauterbach, Vorstandsmitglied Hamb. Ges. für Soziale Psychiatrie aus Hamburg über Beispiele aus Berlin, Mönchengladbach, Viersen, Hamburg.
Vermeidung von Zwang
Was noch notwendig ist – ein offener Diskurs
Zwangsmaßnahmen können nachhaltig (re)traumatisieren. Deren Rate ist in Deutschland erschreckend hoch, situativ und regional aber sehr ungleich. Der Unterschied hat nicht nur mit den Patienten, sondern vor allem mit Institutionen, mit Haltung und Strukturen zu tun. Was genau hilft Zwang zu vermeiden? Strukturell und individuell! – Prof. Tilman Steinert (TS), ZfP Weissenau; Prof. Sebastian von Peter (SP), Rüdersdorf Gwen Schulz (GS), Hamburg
Psychiatrie der Zukunft
Trialogischer Austausch, Offener Dialog als Maßstab?
Wir planen hier weitere vorbildliche Angebote und Strukturen zu portraitieren, gerne auch solche, bei denen Krisenerfahrene und Angehörige aktiv mitwirken. Kontakt über Thomas Bock (