Ver_rückte Touren: Irrenanstalt Friedrichsberg
Veranstaltung
- Titel:
- Ver_rückte Touren: Irrenanstalt Friedrichsberg
- Wann:
- Di, 14. Oktober 2025, 17:00 h - 19:00 h
Beschreibung
Ein geführter Rundgang über das Gelände der ehemaligen Irrenanstalt Friedrichsberg
Für die Irrenanstalt Friedrichsberg erfolgte die Grundsteinlegung am 05.12.1861 und die Übergabe der ersten Gebäude am 20.10.1864. Somit begann an diesem Ort, mit dem Oberarzt Ludwig Meyer (28.12.1827-08.02.1900) als entschiedenem Befürworter der zwangsfreien Behandlung von Geisteskrankheiten, ein bedeutender Abschnitt Hamburger und Barmbeker Medizin- und Psychiatriegeschichte: Eine Heil- und Pflegestätte ohne Gitter vor den Fenstern (mit Ausnahme der “Abteilung für erregte Männer“), großzügig bemessen und in einer Parkanlage angeordnet, welche im Gegensatz zu den alten Irrenanstalten nicht mehr den Charakter eines Gefängnisses hatte. Er entwarf in ihrer Grundstruktur die Pläne für den Bau und den Betrieb der neuen Hamburger Irrenanstalt, die so Meyer, “die erste deutsche Anstalt, in deren Ausrüstung die Zwangsmittel keinen Platz erhalten haben“.
Nachdem Ludwig Meyer 1866 einen ruf an die Universität Göttingen angenommen hatte, übernahm sein früherer Assistent Wilhelm Reye (22.04.1833–15.02.1912) die Anstaltsleitung, die er 42 Jahre bis zu seiner Pensionierung am 31.03.1908, innehatte. Am Ende seiner Amtszeit war die Belegung der Anstalt von anfänglich 240 auf mehr als 1.400 Personen angestiegen.
1908 folgte auf Wilhelm Reye der Kraeplin-Schüler Wilhelm Weygandt (30.09.1870–22.01.1939), der Forschung und Lehre zum Durchbruch verholfen hatte. Er warb Wissenschaftler wie Dr. Alfons Maria Jakob (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) an, gilt als einer der frühen und nachdrücklichen Vertreter rassenhygienischer Standpunkte und hatte die Anstaltsleitung bis 1934 inne. Fritz Schumacher hätte am liebsten die ganze Anstalt abgerissen genehmigt wurde jedoch 1911 nur eine Mischung von Neu- und Umbauten. 1914-1918 wurde die Anstalt Reservelazarett für verwundete Soldaten zum Nachteil der psychisch Kranken, die nur Hungerrationen erhielten und von denen 40 Prozent an Unterernährung starben. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde der Standort Friedrichsberg Teil der 1919 gegründeten Hamburger Universität. Erst 1928 erfolgte die Änderung der alten Bezeichnung “Heil- und Irrenanstalt Friedrichsberg“ in "Staatskrankenanstalt Friedrichsberg“. Elfriede Lohse-Wächtler malt dort während eines Krankenhausaufenthaltes 1929 die “Friedrichsberger Köpfe“.
1934 begann die vollständigen Räumung durch die Nationalsozialisten.
1935 begann das Hamburger Jugendamt mit der Nutzung der Gebäude als zentrale Hamburger Jugendanstalt. 1936 ergab eine “erbbiologische Bewertung“ der dort untergebrachten Kinder und Jugendlichen, dass etwa 70 Prozent “unterwertig“ seien, sodann ordnete NSDAP-Gauleiter Karl Kaufmann deren Verlegung in andere Heime an.
1936 übernahm Hans Bürger–Prinz, Beisitzer eines Erbgesundheitsgerichts, die Leitung der Psychiatrischen und Nervenklinik der Hansischen Universität, welche für die Durchführung der “Euthanasie“-Morde eine wichtige Funktion hatte: Unheilbar Kranke und Patientinnen und Patienten, die als “behandlungsunwürdig“ galten, wurden von dort nach Langenhorn verlegt und aus dieser Anstalt ab 1940 in Tötungsanstalten gebracht.
1942 erfolgte die Verlegung der Psychiatrischen und Nervenklinik der Hansischen Universität in Gebäude des Universitätskrankenhauses in Hamburg-Eppendorf.
Verrückte Touren – Rundgänge in die Psychiatriegeschichte Hamburgs
Ein trialogisches Format von Irre menschlich Hamburg e.V. – begleitet von Robert Dorner u. a.
Wohin geht es? Es werden Orte aufgesucht, die mit der jeweiligen Krisen-Erfahrung/Psychiatrie-Erfahrung der Protagonist:innen zu tun haben.
Was passiert da? Man erlebt dabei spannende Psychiatrie-Geschichte und man erfährt neues über Anstalten, über eine Stadt im Umgang mit ihren psychisch erkrankten Menschen heute sowie über den Umgang mit Geisteskrankheiten früher – beispielsweise in der NS-Zeit – und wie das alles zusammenhängt.
Literatur zur Irrenanstalt Friedrichsberg: Hendrik van den Bussche (Hg.): Medizinische Wissenschaft im "Dritten Reich". Kontinuität, Anpassung und Opposition an der Hamburger Medizinischen Fakultät, Berlin 1989, S. 138–157; Franklin Kopitzsch/Dirk Brietzke (Hg.): Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Bd. 3, Hamburg 2006, S. 69–71.; Reinhard Otto: 150 Jahre Friedrichsberg. Von der Irrenanstalt zur Klinik im Wohnpark, Hamburg 2015;
Veranstaltungsort
- Straße:
- Krausestraße 118
- Postleitzahl:
- 22049
- Stadt:
- Hamburg
Beschreibung
Treffpunkt beim Ausgang des S-Bahnhofs Friedrichsberg
Haltestelle der Bus-Linie 16 an der Ecke Krausestraße/Eilbektal
Dieser Treffpunkt wurde gewählt, um bei schlechtem Wetter einen Unterstand zu haben.
Sollten Sie sich verspäten, erreichen Sie mich über die Telefonnummer +4940741056738.